Langdistanz-Rookie Manu

Als ich vor knapp 15 Jahren das erste Mal meinen Onkel aus der Schweiz beim Challenge Roth anfeuerte und ihn am Solarer Berg und ins Stadion einlaufen sehen wusste ich, dass ich das auch irgendwann mal machen will. Dass der Moment einer Teilnahme bei einem Ironman bereits im Alter von 23 Jahren kommt, hätte ich nie gedacht und so konnte ich nach zwei Ummeldungen wegen einem USA Aufenthalt während des Studiums 2021 und einer Oberschenkelverletzung 2022 endlich 2023 an den Start gehen. Da ich hauptsächlich Fußball spiele und mich nur nebenbei auf den Wettkampf vorbereiten konnte sind mental viele Zweifel aufgekommen. „Kann man das so überhaupt schaffen?“. Zudem bin ich zuvor noch nie die kompletten 180km Rad gefahren und dann sollte noch der Marathon hinten drankommen.

Raceday:

Bereits um 5:30 Uhr in der Früh staute es sich vor der Ausfahrt Richtung Schwimmstart auf der A9 und so entschieden wir uns irgendwann dazu, dass ich die 8km von der Autobahn entlang des Rothsees zum Schwimmstart mit einem der MTB‘s meiner Familie zu fahren um meinen Beutel noch rechtzeitig bis 6:15 Uhr abgeben zu können.

Schwimmen:

Da ich wusste, dass ich nicht der beste Schwimmer bin, habe ich meine Schwimmgruppe ein wenig ziehen lassen um aus dem „Forellenbecken“ draußen zu bleiben. Jedoch kamen nach knapp 1,5km beim ersten Wendepunkt die schnellsten Schwimmer der nachfolgenden Gruppe, welche 5min nach uns gestartet ist, vorbei. Hier ist einer beim Brustschwimmen an mir vorbei gezogen und hat mir unglücklicherweise einen blöden Fersenhook/-kick in den Bauch/die Milz gegeben, sodass mir erstmal schlecht und schwindelig wurde. Nachdem ich mich kurz übergeben musste wusste ich, dass die restlichen 2,3km ein Kampf werden. Ich sah die große Brücke wieder und schwamm, jedoch wurde sie einfach nicht größer sondern schien schier unerreichbar zu sein. Mir wurde jedes Mal wieder schlecht, sobald ich aufs Brustschwimmen umsteigen wollte und ich kam nicht von der Stelle. Mit einer grauenvollen Schwimmzeit von 1h42min kam ich schlussendlich aus dem Wasser, auch in der Wechselzone 1 habe ich mir länger als geplant Zeit gelassen, um meinen Körper nach dem Vorfall wieder ein wenig runterzufahren und so hat mir das Ganze bereits über eine halbe Stunde meines ursprünglichen Plans gekostet. Mental wollte ich e nur positiv sehen, „jetzt ist die Wahrscheinlichkeit zumindest höher erst abends in einem vollgepackten Stadion einzulaufen“. Das nicht-hektisch-werden sollte sich auch für die nächsten zwei Disziplinen bezahlt machen.

Radfahren:

Die ersten 30km habe ich überhaupt nicht gespürt. Aufgrund der ganzen Atmosphäre lief alles wie von allein, Anne Haug hat mich irgendwann überholt und Zeit für einen kurzen Plausch mit einem Brazilianer auf portugiesisch, nachdem er mich per Handzeichen vorher vor einem Unfall gewarnt hat, war auch noch. Kurz vor dem Kalvarienberg dann der große Schock: ein Radfahrer vor mir schien Wasser aus seinen zwei, an der Sattelstütze befestigten Wasserflaschen zu verlieren. Als ich ihn darauf hinweisen wollte sah ich, dass es wohl nicht die Wasserflaschen war die ausgelaufen sind und so konnte ich gerade noch so dem Strahl ausweichen. Er schien erleichtert gewesen zu sein und ich war ein wenig verstört. Gott sei Dank stand dann kurz danach am Kalvarienberg unser lieber Flo vom Team OPTIMUM und bereitete mit ein riesigem Grinsen auf dem Weg nach oben, Zeit für ein paar Stimmungsgesten mit dem Publikum war auch noch und so war ich schneller den Berg wieder oben als ich denken konnte. Meinen Fuchs, den ich bei Radeinheiten am Kalvarienberg bereits 3x gesehen habe, habe ich auch am Racetag wieder grüßen dürfen. Auf dem Weg Richtung Serpentinenabfahrt und Solarer Berg habe ich leider einige Male Pannen und Räder in den Graben liegen sehen. Auch Krankenwägen waren einige Male anzutreffen und natürlich macht man auch sich selbst Gedanken, dass jederzeit etwas passieren könnte. Nachdem nach dem Schwimmen der blöde Spruch von meinem Onkel kam, dass ich ruhig ein wenig schneller sein könnte, musste ich oben auf dem Solarer Berg schmunzeln, dass genau dieser mich verpasst hatte, da ich zu schnell war. Auch auf der zweiten Runde ging es mir überraschend gut und trotzdem wollte ich aufgrund meiner nicht vorhanden Ironman Erfahrung nicht einen Zahn zulegen, sondern weiterhin einen knappen 32er Schnitt fahren. Die Ernährung aus Decathlon Riegeln, Bananen und Nimm2 Gummibärchen gepaart mit den Mojito Gels von Power Bar und ISO Drinks hat sich wirklich ausgezahlt und überraschenderweise habe ich mich die kompletten 180km einwandfrei gefühlt, es kam kein einziger Moment an dem ich ans Aufgeben gedacht oder überhaupt negative Gedanken hatte. Auch hier nochmal ein Riesen Danke an Flo und Tina vom Team, die an Stellen supportet haben, an denen man nicht gedacht hätte jemanden zu treffen. So war die Überraschung umso besser. Auch für einen kurzen Plausch mit Lodo, der mich nach Kilometer 130 überholt hatte, war Zeit. Nach wie vor überrascht wie gut und entspannt das alles lief, bin ich nach ca. 5h45min in die Wechselzone 2 gerauscht und nach einer kurzen Vesperpause und dem Ausrollen auf der Black Roll gleich wieder weiter.

Laufen:

Außen stand ein Freund von mir, dem wohl nach einem blöden Spruch „ausversehen“ vor lauter Freude mein Schwamm von meiner Hand ins Gesicht geflogen ist. Ich denke gerade diese ganzen Späße während des Rennens waren das, was mich mental so positiv und entspannt hat bleiben lassen. Angelaufen bin ich mit einer 4:30, welche ich dann aber schnell auf einen 5:30er Schnitt reduziert habe. Auch hier wollte ich einen entspannten Puls von 140 beibehalten und nicht naiv überpacen. Mir ging’s zwar blendend, aber schließlich war es noch immer ungewiss wie der Rest des Rennens verlaufen würde. Es hört sich blöd an, aber all die Leute die bereits ab KM1 des Laufens angefangen haben zu spazieren, haben mich nur mehr motiviert durchgehend zu joggen und das Ding bis zum Schluss ohne Anzuhalten durchzuziehen. Die einzigen Male wo ich nur langsamer gelaufen bin, waren an den Verpflegungsstellen, an denen ich Cola getrunken habe, um mich nicht damit vollzuschütten. Auch am Kanal ging es mir bestens, es wurden viele Leute abgeklatscht, ein paar vom Team OPTIMUM konnte ich auch hier erspähen und erst nach einer Minute (so wurde es mir gesagt), habe ich wohl bemerkt dass zwei meiner Freunde mit mir gejoggt sind. Anscheinend war man doch ein wenig in der „Zone“. Nach dem langen Stück in der prallen Sonne ging es dann für die letzten 18km Laufen bereits wieder Richtung Roth und Büchenbach. Was soll ich sagen, mir ging’s immer noch top und so habe ich mich entschlossen in Roth nochmal ein wenig anzuziehen. Beflügelt von der Stimmung stand kurzzeitig wieder eine 3:40er Pace auf der Uhr und ich musste mich, wissend vor dem Langen Berg nach Büchenbach, selber ein wenig ausbremsen. Auch den Berg hoch motivierte mich ein wenig das langsamer werden der anderen und ich konnte nach wie vor eine ordentliche Laufpace halten. Ich wusste mit jedem Kilometer, dass in Büchenbach eine geile Stimmung auf mich wartet und es danach nur noch bergab geht. Gerade diese kleinen Zwischenziele helfen denke ich jemandem enorm weiter bei so einem Rennen. Selbst bei Kilometer 38 wurde mir noch von Freunden und Zuschauern gesagt, dass ich topfit aussah, es keinen Anschein machte, dass ich straucheln würde und auch die Technik noch einwandfrei war. Und so flog ich auch den Berg wieder runter durch Roth und auf die Zielgerade. Ich wollte einfach den Marathon noch unter 4 Stunden schaffen und gleichzeitig mit 1-2 Minuten Zeit im Stadion nehmen, um die ganze Atmosphäre zu genießen, die Familie und Freunde die mich den ganzen Tag supportet haben umarmen und mich bedanken und dann ins Ziel zu kommen, wo Größen wie Jan Frodeno bereits warteten. Und was soll ich sagen, schlussendlich hat alles einwandfrei geklappt, der Marathon war mit 3:58:58h auch in Ordnung und trotz der über 30 Minuten die mir bereits am Anfang genommen wurden kann ich für meinen ersten Ironman mit 11:53:14h zufrieden sein, so mal mir das Dabeisein viel wichtiger war. Abschließend kann ich nur sagen, dass ich so dankbar für meine Familie und Freunde, aber auch die Teammitglieder vom Team OPTIMUM bin, die mich auf der Strecke so unterstützt und durch das Rennen getragen haben. Ich habe ab dem Radfahren bis zum Schluss wirklich jede einzelne Sekunde genießen dürfen und nie kämpfen müssen und kann auch Tage danach noch nicht so wirklich begreifen, wie einwandfrei das Alles so geklappt hat. Vielleicht packt mich der Ehrgeiz ja doch für nächstes Jahr das Ganze auf Zeit zu machen 😉

Text/Bild: Manuel Langhans

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